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Öffentliche Musikschulen in Hessen. Zahlen, Fakten, Prognosen, Szenarien und Forderungen

Vor Ort

  • 66 öffentliche Musikschulen
  • 2.700 musikpädagogisch qualifizierte Fachkräfte
  • 115.000 Schülerinnen und Schüler
  • Präsent in 120 Städten und Gemeinden

In Kooperationen

  • 600 Kooperationen mit allgemein bildenden Schulen
  • 360 Standorte
  • 16.000 Schülerinnen und Schüler

Finanzierung

  • 61% bis 80% durch die Beiträge Musikschülerinnen und Musikschüler und deren Eltern
  • 20% bis 39% durch die öffentliche Hand
  • In der Finanzierung der öffentlichen Musikschulen durch die öffentliche Hand steht Hessen bundesweit auf dem vorletzten Platz.

Leistungen

  • Musikalische Breitenarbeit
  • Offene Angebote
  • Einzelunterricht, Gruppenunterricht, Ensembles, Workshops
  • Studienvorbereitender Unterricht
  • Berufsvorbereitender Unterricht
  • Systematisches Curriculum (Lehrpläne und Unterrichtspläne)
  • Hohe Qualität der Unterrichtsvermittlung

Personalsituation

  • Ausschließlich musikpädagogisch qualifiziertes Fachpersonal, in der Regel mit Hochschulstudium
  • 34% der Lehrkräfte sind in Festanstellung
  • 66% der Lehrkräfte sind Honorarkräfte ohne jegliche soziale Absicherung

Fakten

  • Die öffentlichen Musikschulen in Hessen sind chronisch unterfinanziert.
  • Die Unterrichtsgebühren für die Musikschülerinnen und Musikschüler sind extrem hoch.
  • Insbesondere die Honorarkräfte verdienen erbärmlich wenig.
  • Die öffentlichen Musikschulen in Hessen sind ein unattraktiver Arbeitgeber.

Prognosen

  • Immer weniger Musikpädagoginnen und Musikpädagogen entscheiden sich für eine Berufslaufbahn in einer öffentlichen Musikschule.
  • Der Bestand an Schülerinnen und Schüler kann immer schwieriger qualitätvoll unterrichtet werden.
  • Durch die hohen Gebühren für den Musikunterricht werden immer mehr Menschen von den Leistungen ihrer öffentlichen Musikschule ausgeschlossen.
  • An ein Wachstum oder an Investitionen in neue Geschäftsfelder kann nicht gedacht werden.
  • Die öffentlichen Musikschulen leben von der Substanz. Ihr Wirken ist einzig auf das Bewältigen der Gegenwart ausgerichtet. Die Zukunft kann nicht gestaltet werden.

Szenarien

  • Die öffentlichen Musikschulen verlieren ihre Legitimation als für alle Menschen offene Bildungseinrichtung.
  • Die öffentlichen Musikschulen verlieren ihre Ankerkennung als anständiger Arbeitgeber.
  • Die öffentlichen Musikschulen verlieren ihren Ruf als qualitätsvoller Bildungsdienstleister.

Forderungen

  • Das Land Hessen leistet die erforderliche finanzielle Förderung für die musikalische Bildung an öffentlichen Musikschulen in Hessen
  • Das Land Hessen erfüllt seinen kulturpolitischen Auftrag im Sinne eines umfassenden Bildungsangebots durch die deutliche finanzielle Entlastung der Eltern und die angemessene Entlohnung der Musikschullehrkräfte incl. deren sozialer Absicherung.
  • Der erforderliche Gesamtetat umfasst 70 Mio. Euro. Bei einer Drittelung der Lasten auf die Eltern, die Kommunen und das Land trägt jeder Teil rund 23,3 Mio. Euro. Eine faire Drittelung der Lasten reduziert die Bildungsausgaben der Eltern für ihre Kinder um die Hälfte.

Eine konkurrenzfähige Landesförderung Hessens im Vergleich zu Bayern und Baden-Württemberg – beides wirtschaftlich relevante Nachbarländer – muss dreifach höher als die bisherige sein. Eine konkurrenzfähige Landesförderung in Hessen muss 8 Mio. Euro umfassen.

Die Beiträge unserer Kampagne 2019 nach Themenfeldern sortiert

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Die Urheberrechte und Nutzungsrechte der Kampagne 2019

Öffentliche Musikschulen sind kulturelle Bildungseinrichtungen

Öffentliche Musikschulen erfüllen ihren Auftrag mit einem umfassenden und inhaltlich abgestimmten Konzept.

  • In der Grundstufe vermitteln öffentliche Musikschulen eine ganzheitliche musikalische Elementarausbildung. Diese schafft die Voraussetzungen für den weiterführenden Unterricht.
  • Der weiterführende Unterricht umfasst den Instrumentalunterricht und den Vokalunterricht.
  • Ensemblefächer und Ergänzungsfächer sind integraler Bestandteil auf dem individuellen musikalischen Weg in der Musikschule.
  • Konzertveranstaltungen und vielfältige Musik-Projekte sind weitere wichtige pädagogische Bausteine des Bildungskonzepts.

Der VdM – Verband deutscher Musikschulen legt das musikalische Bildungskonzept im Strukturplan und in den Rahmenlehrplänen für die Unterrichtsfächer fest und entwickelt das Bildungskonzept beständig weiter. Dieses Konzept sichert die Kontinuität und die Qualität der Ausbildung an öffentlichen Musikschulen.

Sieben Thesen des Kuratoriums beim VdM Hessen zur Funktion und Entwicklung von öffentlichen Musikschulen

Es geht keineswegs darum, dass alle Musikerinnen und Musiker werden. Aber alle können musikalisch werden, denn die Anlagen hierzu finden sich in jedem Menschen.“ (nach Hermann Kretzschmar)

Allgemeinbildung

Musikalische Erziehung vermittelt Allgemeinbildung durch musikpädagogische Praxis. Aufgrund ihres meritorischen Charakters wird Musikalische Bildung öffentlich gefördert.

Der kulturpolitische Bildungsauftrag resultiert aus dem Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2, GG) und der Gleichheit aller Menschen (Art. 3, GG).

Umfassende Allgemeinbildung ergibt sich erst aus dem Zusammenwirken des Schulwesens und weiterer kultureller Bildungsangebote. Staat und Kommunen fördern deshalb öffentliche Musikschulen. Damit nehmen sie ihre bildungspolitische und kulturpolitische Verantwortung wahr.

Musikerziehung

Die Musikpädagogik unterscheidet zwischen der Erziehung mit Musik und einer Erziehung zur Musik.

Erziehung mit Musik ist in Kindergärten, in Kindertagesstätten und in der sozialpädagogischen Arbeit Teil der Elementarerziehung.

Im schulischen Musiklernen und im Musizieren lernen der öffentlichen Musikschule findet darüber hinaus eine Erziehung zur Musik statt.

Die elementaren musikpädagogischen Aspekte bedingen den didaktischen und methodischen Ausgangspunkt für eine gelingende Musikerziehung.

Teilhabe

Musikalische Breitenarbeit ist aufgrund ihrer persönlichkeitsbildenden Wirksamkeit ein bedeutender Entwicklungsfaktor für eine freiheitliche demokratische Gesellschaft.

Musikalische Breitenarbeit bietet die wesentliche Voraussetzung für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Musikkultur in Deutschland.

Kulturelle Vielfalt

Öffentliche Musikschulen schließen die institutionelle Lücke zwischen schulischem und privatem Musikunterricht.

Öffentliche Musikschulen sorgen für musikalische Breitenarbeit. Gleichermaßen führen öffentliche Musikschulen zum künstlerischen Musizieren.

Öffentliche Musikschulen bieten musikalische Bildung, die weit über den schulischen Musikunterricht und den Privatunterricht hinausreicht. Dazu gehören alle Formen des gemeinsamen Musizierens und Erlebens.

Persönlichkeitsbildung

Öffentliche Musikschulen sind kulturelle Bildungseinrichtungen. Ihr pädagogisches Ziel: Musikerziehung soll gleichermaßen dem Menschen und der Musik dienen.

Öffentliche Musikschulen tragen wesentlich zur Persönlichkeitsbildung bei. Sie können den Anspruch einer für alle zugänglichen profunden Musikerziehung nicht alleine verwirklichen. Öffentliche Musikschulen kooperieren deshalb mit Kindergärten, Kindertagesstätten und allgemeinbildenden Schulen.

Der Musikunterricht der öffentlichen Musikschulen beinhaltet eine vielseitige Musikpraxis, die über den Instrumentalunterricht und den Vokalunterricht hinausreicht.

Öffentliche Musikschulen und allgemeinbildende Schulen müssen zusammengedacht werden:

  • Der Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen ermöglicht ein kontinuierliches Musiklernen für alle Kinder. Allgemeinbildende Schulen konzentrieren sich auf das hörende Verstehen von Musik und zumeist auf die vokale Musikpraxis (Gesang).
  • Öffentliche Musikschulen vermitteln eine vertiefende und umfassende Musikerziehung. Die Musikerziehung der öffentlichen Musikschulen führt zu einem selbstbestimmten und vielfältigen Musizieren.

Kooperation

Musikalische Bildung trägt wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Musikalische Bildung gelingt in der sinnvollen Zusammenarbeit von allgemeinbildenden Schulen und öffentlichen Musikschulen.

Für das Musiklernen und das Musizieren lernen braucht es flächendeckende Kooperationen. Allgemeinbildende Schulen und Musikschulen müssen die Inhalte und Methoden ihres Musikunterrichts gemeinsam in fachlicher Verantwortung aufeinander abstimmen.

Inklusion

Inklusion baut soziale Schranken und die Benachteiligung von Menschen ab. Inklusion ermöglicht die individuelle musikalische Sozialisation.

Die inklusive musikalische Sozialisation beginnt in der musikalischen Breitenarbeit durch die Vermittlung elementarer Musikerziehung unter künstlerischen Prämissen. Sie kann bis zur beruflichen Ausübung führen.

In der inklusiven musikalischen Sozialisation geht es um die Befähigung zur aktiven, selbstbewussten und kritikfähigen Auseinandersetzung mit sämtlichen Phänomenen der Musik.

Inklusive musikalische Sozialisation umfasst stets auch die bildungsbezogene Selbstbestimmung und die ausdrückliche Wertschätzung der persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse jedes Menschen.

Öffentliche Musikschulen sind inhaltlich breit gefächerte Einrichtungen. Deshalb können sie bestehende Lücken bei der Umsetzung einer inklusiven musikalischen Sozialisation im spartenübergreifenden Zusammenwirken schließen und vermeiden.